Es beginnt mit einem Verlust. Heinrich Kleine, Leinenhändler und Bürgermeister aus Warendorf, verliert auf dem Heimweg einer Geschäftsreise auf der Osnabrücker Landstraße seine „Geldkatze“, einen Geldbeutel mit vielen Gold- und Silberstücken. In seiner Not macht er das Versprechen, an der Stelle, an der er das Geld wiederfinden würde, eine Kapelle „zu Ehren des sterbenden Jesus und der schmerzhaften Muttergottes Maria“ zu errichten. Sofort reitet er zurück – und findet seinen Geldbeutel unversehrt in der Bauernschaft Gröblingen wieder, wo die Osnabrücker Landstraße „Brinkstraße“ genannt wird. Genau an dieser Stelle lässt er eine kleine Rundkapelle im barocken Stil erbauen. Am 15. August 1688, am Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel, wird die kleine Kapelle durch Pfarrer Neuhaus von St. Laurentius gesegnet.
Heinrich Kleine stirbt am 21. August 1700 und wird -wie schon seine Ehefrau zehn Jahre zuvor- in der Gröblinger Kapelle begraben. In seinem Testament hatte Kleine die Errichtung einer Stiftung bestimmt, deren Erträge den Priestern zukommen sollten, die den wöchentlichen Gottesdienst in der Kapelle hielten. Bis 1885 versehen diesen Dienst Geistliche aus der Familie des Stifters und seiner Ehefrau. Nachdem sich in den Folgejahren kein Verwandter findet, werden die Obliegenheiten der Stiftung zunächst von Priestern der Warendorfer Laurentiuspfarrei wahrgenommen.
Als im Jahre 1900 Franz Strumann Pfarrer von St. Laurentius wird, bezieht er nach und nach die Gröblinger Kapelle in das Gemeindeleben mit ein: der wöchentliche Gottesdienst wird zur Schulmesse. Ab 1903 übernimmt die Pfarrei die Seelsorge auch offiziell und verbindet sie mit der dritten Kaplanstelle, deren erster Inhaber Kaplan Lodde ist.
Inzwischen sind Pläne für eine neue geräumige Kapelle in Gröblingen gereift, die im Jahre 1904 unter der Verwaltung von Pfarrer Strumann und Kaplan Lodde errichtet wird. So entsteht neben dem kleinen Rundbau eine neue Kapelle aus Ennigerloher Bruchsteinen im neoromanischen Stil. Der Neubau wird mit der alten Kapelle verbunden, die ihrerseits renoviert wird und erhalten bleibt. Das alte Altarbild schmückt nun die neue Kapelle, die am 30. Oktober 1904 von Pfarrer Strumann eingeweiht wird. In den Wirren der beiden Weltkriege ist die Gröblinger Kapelle immer wieder sammelnder Mittelpunkt in der Bauernschaft.
Zehn Jahre nach Ende des zweiten Weltkrieges hat sich das Leben weitgehend normalisiert. 1954 wird mit dem Bau der Pfarrkirche St. Josef im Warendorfer Norden begonnen. Mit der Errichtung der Pfarrei im Jahr 1956 gehört die Gröblinger Kapelle zur neuen Pfarrgemeinde St. Josef. Bis 1968 werden in der Kapelle regelmäßig Schulgottesdienste gefeiert. Die Schulreform bedeutet nicht nur das Aus der zweizügigen Gröblinger Schule, sondern auch das Ende regelmäßiger Gottesdienste.
Zum 300-jährigen Jubiläum wurde die Gröblinger Kapelle letztmalig renoviert. Seit der Zusammenlegung der Warendorfer Pfarren St. Josef, St. Laurentius und St. Marien im Sommer 2010 gehört die Marienkapelle wieder zur Kirchengemeinde St. Laurentius.
Heute werden in der Kapelle zwar nicht mehr regelmäßig Gottesdienste gefeiert, aber Trauungen, Gold- oder Silberhochzeiten oder andere Familienfeiern oder Klassentreffen beginnen hier mit einer Messfeier. Bei Sterbefällen in den Bauernschaften Gröblingen und Velsen findet das Totengebet der Nachbarschaft in der Kapelle statt. Das Schützenfest der Schützenbruderschaft St. Hubertus Gröblingen-Velsen beginnt seit 60 hier mit einer Messe, die Aufnahme der Neumitglieder der Landjugend Velsen-Gröblingen ist ebenfalls dort.
Über längere Jahre hinweg hatte sich rund um die Kapelle eine dorfähnliche und sich immer wieder verändernde Struktur gebildet: Kapelle, Schule, Gastwirtschaft, Kindergarten, Räume für die Landjugend, die Hubertus Schützenhalle, etc.
Wenn auch dem Wandel der Zeit unterworfen, ist hier ein Ort entstanden, an dem sich Menschen begegnen und sich füreinander einsetzen.